Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition
Datum: 14. 2. 1881
Adressat: Julius Haußmann
Paris, 14. Febr. 1881
L.H. Du solltest mir in thunlicher Bälde ein paar hundert Franken schicken - am einfachsten per Postanweisung - da ich augenblicklich, und bis mir die Honorare für einige Arbeiten
eingegangen sind, auf dem Sande bin. Ich bin in einiger Verlegenheit mit dem 'Beobachter'; ich möchte ihm nicht gern wehe thun und kann natürlich nicht von ihm erwarten, was mir von besser fundirten Blättern bezahlt wird; aber das Leben wird hier jedes Jahr theurer, und eine wenn auch mäßige, aber nicht ganz unproportionirte Vergütung wäre mir für den Augenblick erwünscht. In 1-2 Monaten werde ich wieder auf dem Laufenden sein. Im übrigen tröstet mich das Bewußtsein, daß ich dem Beobachter schon manche Spalte pour l'amour de la liberte geschrieben habe, so daß er sich billiger Weise nicht über mich beklagen kann. Ca. 40 Franken habe ich für Bücher, Telegramm und ein paar Reisen von ((Vasinat))
zu Chatrian ausgegeben. Wenn ich wieder besser bei Kasse bin, werde ich ihn einmal zu einem ordentlichen Dejeuner einladen, was keine übergroße Annerkennung seiner Gefälligkeit ist. In dieser Richtung hat man hier auch manche Ausgaben, wenn man seine Beziehungen zu den Leuten aufrecht halten will. Und um in politischer Richtung etwas zu liefern, muß man eben von Zeit zu Zeit wieder in den Ameisenhaufen hinein und mit den Fühlhörnern um sich tasten. In den vier Wänden geht's nicht.
Gestern habe ich ((Seinpuarlet)) gesehen, er hat die Erwähnung seines Buches im 'Beobachter' mit Wohlgefallen bemerkt. Wegen Abonnirung des vortrefflichen Blattes war ich auf dem Postbureau meines Quartiers, man wußte aber dort nicht zu sagen, was es koste. Ich kam nicht dazu, weiter herumzulaufen, es war auch so scheußliches Wetter, und muß mich auch erst erkundigen, wo ich mich hinzuwenden habe, denn das alte Postgebäude in der Rue Jean-Jacques ist abgebrochen wegen Neubaus, und der Postdienst ist nun verzettelt - allerdings größtentheils in Baracken auf dem Carousselplatz. In dem verdammten Paris muß man immer von Pontius zu Pilatus laufen, bis man den rechten Peter findet. Ich dachte,
es sei wegen dieses Vierteljahres nicht mehr der Mühe werth, und bis zum nächsten hat man Zeit zur Besorgung.
Die Expedition vergiBt von Zeit zu Zeit die alte Adresse auf dem Bande zu streichen und durch die neue zu ersetzen, so daß das vortreffliche Blatt in die Rue de l'Entrepôt wandert
statt in die Rue de Sorbonne. Erst in der vorigen Woche war es der Fall, und der 'Beobachter' mit dem Sonntagsdatum ist bis jetzt wieder nicht angekommen - wird wahrscheinlich ein gleiches Schicksal gehabt haben.
Ich denke, der Moltke hätt sein Sach; die Züricher scheinen erbaut gewesen zu sein, haben mir verschiedene Anerkennungs-Karten durch die 'Post' geschickt. Der fromme Menschenfresser ist mit seinem Schleppsäbel in ein Wespennest gerathen.
Sind die Nie - Nac sehr in die Herberge der Ungerechtigkeit eingetreten?
Grüße an sie u. Tante Billa
Dein L. Pfau
M1agna imperia (( ... ))! Eben kommt der Brief. Wollen Sie die Post (( ... )) de fr. 300. besorgen?
8. Rue de Sorbonne 8.
Stadtarchiv Stuttgart
NL Haußmann Nr. 42/24
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann
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