Ludwig Pfau (1821-1894)

Kleine Lieder vom Herzen.

XVI.

Wenn dich der Herr liebt, wirft er arm
Und nackt dich in das reiche Leben,
Und nährt das Kind mit Not und Harm,
Den Jüngling mit zerbrochnem Streben.

Drum klag ihn nicht der Härte an,
Hast du der Reichen Glück gezählet;
Die kämpfend suchen ihre Bahn,
Die hat der Herr sich auserwählet.

Giebt er nicht täglich früh und spat
Der Thränen viel dir und der Schmerzen?
O glaub, aus dieser vollen Saat
Keimt goldne Fülle dir im Herzen.

Er schickt dir viel der Stürme zu –
Die Frucht gedeiht nur in Gewittern;
Und nur im Kampfe spürest du
Der Seele Tiefen dir erzittern.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 56.
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