Ludwig Pfau (1821-1894)

Tischlied der Jungen.

Da wir so beisammen sind
Und die Gläser klingen,
Ei da wollen wir geschwind
Auch was Tüchtigs singen!
Steht's auf keinem Notenblatt,
haben wir's im Ohre, –
Und beim Vivat, Pereat
Fallt ihr ein im Chore.

Dich zuerst, du schöne Welt,
Wollen wir erheben!
Deine Riesenadern schwellt
Tausendfaches Leben:
Grüne Thäler, blaue Höhn,
Ströme klar und Reben,
Stolze Städte voll Getön –
Das soll leben, leben!

Doch umsonst des Himmels Huld
Glänzt mit allen Sternen:
Kirchen, düster wie die Schuld,
Trotzige Kasernen,
Kerker für ein freies Herz
Hauchen rings Verderben –
Diese Welt von Blut und Erz
Geh in tausend Scherben!

Land! das Milch und Honig trägt,
Forschung frei und Dichtung,
Durch des Wahnes Urwald schlägt
Eine weite Lichtung,
Eine mit der Freiheit Band
Deine Kinder alle –
Heil dir! großes Vaterland!
Rufen wir mit Schalle.

Doch bei Deutschland fällt uns ein
Ach! so manches Schlimme;
Und wir schaun in Glas hinein
Recht mit innrem Grimme.
Aber hier thut's not zumeist,
Daß wir kecklich sprechen:
Drum was hemmt den deutschen Geist –
Das soll er zerbrechen!
Jetzt der brave Mann, der treu
Etwas schafft und bauet,
Ohne Furcht und ohne Scheu
Seiner Kraft vertrauet;
Der geraden Rückens geht,
Trutzig in Gefahren,
Und zu seinem Rechte steht –
Den soll Gott bewahren!

Doch den Wicht, der immer schreit,
Daß die Welt so eitel,
Und voll Demut benedeit
Jeden vollen Beutel;
Der vor jedes Schergen Wort
Läuft auf schnellen Sohlen
Und sein Joch schleppt fort und fort –
Soll der Teufel holen!

Und die Mägdlein preis' ich traun!
Die wir alle lieben –
Schwarz und rot und blond und braun:
Farben, alle sieben!
Was den Mund zum Kusse giebt
ohne vieles Zieren,
Was da treulich minnt und liebt –
Hei! das soll florieren!

Doch die Fräulein Firlefanz
Und die Superklugen –
Die nach eitel Glitz und Glanz
Statt nach Mannheit lugen;
Die sich zu der Thoren Qual
Zimperlich gebärden –
Ha! die sollen allzumal
Alte Jungfern werden!

Ende gut, und alles gut!
Laßt die Gläser klingen!
Wackre Burschen, junges Blut
Will ich noch besingen.
In der Jugend wohnt die Kraft:
Unser schönes Streben,
Unsre edle Brüderschaft –
Das soll leben, leben!


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 150-151.
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