Ludwig Pfau (1821-1894)

Flüchtlingssonette vom Jahr 1849.

XII.

Wie lang, o Volk! wie lang wirst du es dulden,
Daß man dich schlag’ und trete gleich dem Hunde?
Wie lang wirst du empfangen Wund’ um Wunde
In deinen Leib von königlichen Hulden?

Bei deiner Henker gräßlichem Verschulden
Schreit die Natur mit ihrem stummen Munde,
Der Berg erbebt vor Schreck in seinem Grunde,
Der Strom erbraust vor Wut in seinen Mulden.

Die Lüfte, wenn sie deinen Wehruf hören,
Stehn heulend auf, mit dir sich zu verbinden;
Die Sterne glühn, mit dir sich zu verschwören.

Ha! Sehend werden müßten selbst die Blinden,
Und selbst die Lahmen müßten sich empören -
Und du allein willst wie ein Wurm dich winden?

Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 288.
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