Ludwig Pfau (1821-1894)

Flüchtlingssonette auf das Jahr 1849.

X.

O deutsche Eiche, wie bist du gespalten!
Dein Herz geborsten, wie von innerm Jammer;
Es haust das Beil und der Gewalttat Hammer
In deines Blätterkleides grünen Falten.

An deinem wunden Leibe, wie sie schalten
Mit ehrnem Keile und mit stählner Klammer!
Doch tief in deines Lebens Wurzelkammer,
Da brauen die verjüngenden Gewalten.

Ein Lenzsturm noch, der saust in deinen Zweigen,
Und all die mürben Haften werden springen,
Die morschen Wipfel sich zu Boden neigen.

Und siegreich werden aus den Wurzeln dringen
Viel junge Stämme, die zum Himmel steigen
Und brüderlich mit Armen sich umschlingen.

Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 286.
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