Ludwig Pfau (1821-1894)
Zur Schreckenszeit von 1849.
Ihr Herrn auf euern goldnen Stühlen,
Die ihr gesät habt blut'ge Saat,
Schreckt ihr nicht auf, wenn euern Pfühlen
So mancher bleiche Schemen naht?
Wie wird euch, wenn sich mitternächtig
Der neue Tag vom alten trennt,
Und wenn die Zukunft wetterträchtig
Empor am Morgenhimmel brennt?
Ihr wagtet es, der treuen Erde
Viel wackre Herzen zu vertraun,
Und bebt nicht, daß er keimen werde,
Der rote Samen, euch zum Graun?
Ha! schaffen wird sie allgewaltig,
Die Erde jetzt, mit uns im Bund,
Bis daß die Ernte tausendfaltig
Heraufbricht aus dem blut'gen Grund.
Die Bäume finden's in den Schollen,
Was ihr verscharrt habt untern Rain;
Nun braust das Rachelied mit Grollen,
Das Lied der Toten, durch den Hain.
Die Vögel haben's nachgesungen,
Die Wind' und Wellen rauschen's nach;
Die Welt erzählt mit tausend Zungen
Von ihrem Ruhm und eurer Schmach.
Wohl ruhn sie stumm auf ihren Wällen
So wird verstummen euer Hohn,
Wenn aus den Gräbern der Rebellen
Emporwächst die Rebellion.
Weh euch! ein schwarzes Blut wird fließen
Um diese königliche Saat
Mit würd'gem Thaue zu begießen,
Wenn jener rote Frühling naht.
Erbebt auf euern goldnen Stühlen,
Die Gräber selbst verschwören sich,
Die Toten selbst in ihrer kühlen
Behausung, sie empören sich.
Ha! scharrt sie nur, in blut'gen Loden
Und ohne Sarg, in Wall und Hag –
Die wollen ruhn in freiem Boden
Und warten nicht zum jüngsten Tag.
Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 356-357 .
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