Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition
Datum: 12. 7. 1887
Adressat: Anna Spier
Stuttgart 12. Juli 87
Liebe Anna!
Das Wichtigste zuvor, nämlich Deine Reise nach München! Hoffentlich wirst Du nicht im Sinne haben, Stuttgart zu passiren, ohne Dich dort aufzuhalten - das wäre noch schöner! ( ... )
( ... ) Ich stecke in meinen Korrekturen und Revisionen in meinen noch ausstehenden Zusätzen und laufe meinen Weg wie ein Gaul zwischen zwei Scheuledern, der stutzt, wenn ihm auf einmal etwas in den Weg läuft, und wärs sein befreundetster Nebengaul.
Über allen Rathausdächern ist Ruh. Über allen Gerichtsgibeln spürst du kaum einen Hauch - doch weiß ich noch nicht, ob sich dahinter nicht ein Wetter zusammenbraut; jedenfalls
ein Wetter, das sich kaum der Mühe verlohnt, einen Regenschirm aufzuspannen.
Also lass Dich nur küssen auf dem Schützenfest und athme die Luftströmung allgemeiner Volkserregung ein, das hat immer etwas Berauschendes, wenn es auch nur ein Kirmesjubel ist.
Was mich betrifft, so bin ich allerdings froh, nicht in Frankfurt zu sein, denn ich habe auch den Sinn für solche lärmende Lustbarkeiten verloren; das müßte eine Bewegung wie die
vom Jahr 48 sein.
Freund Spier lass ich gratuliren zu seinem mit Pauken und Trompeten gewonnenen Prozeß.
Herzliche Grüße an Dich u. d. Deinen
Dein L. P ...
Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - o.Nr. -
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann
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