Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition
Datum: 26. 7. 1892
Adressat: Emma Lienhard
Stuttgart, den 26. Juli 1892
Liebe Frau Emma!
Besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen aus dem Marienbad. Es freut mich recht, daß Ihnen der dortige Aufenthalt so wohl bekommt, selbst auf die Gefahr hin, daß Sie der gute Erfolg länger dort zurückhalten dürfte. Mit meiner Einrichtung geht es langsam, aber stetig vorwärts. Ich breche nichts gern übers Knie ab, und besinne mich immer einige Zeit, eh ich mich zu etwas entschließe. Diese Neigung des Zögerns verschlimmert sich natürlich noch mit dem Alter. Aber es ist auch ein gewisser Genuß dabei, wenn man mit wohlbedachter Überlegung so ein Stück um das andere herbeischafft, wobei natürlich die Devise, hübsch und nicht theuer, keineswegs beschleunigender Natur ist.
Auch war ich inzwischen längere Zeit in Heilbronn, wohin mich die Angelegenheiten des Mayer-Denkmals riefen. Die Marktweiber, Weingärtner, samt ((Geruster)), Schneider und Handschuhmacher hatten sich gegen die Ausstellung des Denkmals auf dem Marktplatz verschworen, und der Gemeinderath, unter dem Drucke Hegelmayers entmännlicht, fing schon an zu biegen. Da muß dann - allemal ich herbei als letzter Grobian einer entschwindenden Generation, der noch die Fähigkeit, die Wahrheit quandm@me zu sagen, bewahrt hat. Das hat dann auch geholfen. Man muß die Heilbrenner etwas hegelmayern, das sind sie jetzt schon gewohnt. Ich schicke Ihnen den Artikel, den ich in der 'Neckar-Zeitung' schrieb u. der Ihnen die Sache klar machen wird. Sie haben ja jetzt Muße genug, solche ((Allotrien)) zu lesen.
Unser ((Verlage)) ist angekommen. Ich ließ das Fäßchen einstweilen in den Keller legen und werde mit dem Abzapfen warten, bis Herr Lienhard zurück ist. Das wird ja doch nicht mehr gar zu lange dauern.
Mit dem Wunsche eines glücklichen Fortgangs Ihrer Badekur und herzlichen Grüßen an Sie und Herrn Lienhard
Ihr L. Pfau
Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - Nr. 10.589
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann
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