Ludwig Pfau (1821-1894)

Terzinen.

I.

Nie schlug ein Herze, als das deine, treuer:
Was du besaßt, hast du hingegeben,
Die Liebe nur behieltest du zum Steuer;
Denn als sie dieser Fesseln wollten weben,
Da rissest du aus heimatlichem Grunde
Mit allen Wurzeln aus dein junges Leben.
Wohl lieb zurück im Herzen manche Wunde;
Doch stille schrittst du auf dem schweren Gange,
Und keine Klage ging aus deinem Munde.
Ach! Nur des Nachts im Traum darfst du bange
Durch deines Tales stille Gründe wallen,
Wo's Bächlein rauschet an dem Wiesenhange.
Verschlossen sind dir Deiner Jugend Hallen;
Es leuchtet dir als Stern auf dunkeln Wegen
Kein teures Antlitz deiner lieben allen.
Kein Vaterauge lächelt dir entgegen,
Kein Schwestergruß rinnt dir wie Tau aufs Herze,
Und auf dein Haupt keine mütterlicher Segen.
Es ist das Herz der Welt von Stein und Erze;
Doch folge Deinem Schicksal ohne Wanken,
Denn sieh, mein Auge wacht ob Deinem Schmerze.
Die ganze Welt, die fordr' ich in die Schranken,
So fühl' ich mir die Brust von stolzen schätzen
Erfüllt, und Weiß mit Liebe dir zu danken.
Ja, mögen sie dein treues Herz verletzen -
Der Liebe Wunden kann die Liebe heilen,
Und was sie nimmt, das weiß sie zu ersetzen.
O in der besten Heimat sollst du weilen,
Halt ich mit meinen Armen dich umfangen,
Kein Weh kann dich in diesem Port ereilen.
Mit Mutterliebe und mit Mutterbangen
Will ich den Schlägen deines Herzens lauschen;
Wie eine Schwester dir am Busen hangen
Und süße Mädchenworte mit dir tauschen;
Mit Vaterstärke dir zur Seite stehen,
Wenn über uns des Schicksals Flügel rauschen.
Und grollend mag die schnöde Menge sehen,
Daß wir, die Liebe in der Brust, es wagen,
An ihrer Unbill stolz vorbeizugehen -
Und in uns selber unser Glück zu tragen.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 31-32.
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