Ludwig Pfau (1821-1894)

Einkehr.

Wohl bin ich oft hinausgegangen,
Dem Bettler gleich, durch Stadt und Feld,
Und hätte gern mein Teil empfangen
Von all dem Glück der reichen Welt.
O Herz! nicht länger kannst du's tragen:
Du sollst in deinen jungen Tagen,
Wo du genießen willst, entsagen –
Und weißt so viel, das dir gefällt.

Rings von des Abends goldnem Kusse
Erglüht die Welt, manch bunter Kiel
Zieht, sanft gewiegt, hinab im Flusse;
Herüber weht's wie Saitenspiel.
O einmal nur, du holdes Leben!
Die Seele ganz dir hinzugeben!
Doch ach! zu lassen all sein Streben –
Das dünkt dem Herzen doch zu viel.

So wandle heim und baue weiter
Die schöne Schöpfung in der Brust;
Du gehst in Fesseln ein Befreiter,
Dein Gut vermehrt sich im Verlust.
Vom Himmel winken tausend Kerzen:
O selig! wer in Lust und Schmerzen
Im treuen unverlornen Herzen –
Der sichern Einkehr sich bewußt.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 62.
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