Ludwig Pfau (1821-1894)

Trost im Entsagen.

Treibt sich das Volk im Abenscheine
Mit seinen Kindern schäckernd um,
Stehst du, ein fremder Gast, alleine
Und gehst von dannen ernst und stumm.
Dir ist im Drange deines Strebens
Das rasche Glück vorbeigerauscht –
Du hast die süße Frucht des Lebens
Um bittre Weisheit ausgetauscht.

Von der Gemeinschaft losgerissen,
Hast du versenkt den alten Hort
Und warfst, im Durst nach hohem Wissen,
Die morschen Götter über Bord;
Des Wunders fromme Märchen scheuchte
Von hinnen die Gedankenschlacht –
So ziehst du, deine eigne Leuchte,
Nun einsam durch die große Nacht.

Der Wahrheit Angesicht zu schauen,
Ist deines Daseins Ziel und Zier;
Du kannst dir selbst den Himmel bauen,
Du trägst das Weltgesetz in dir.
Mit dem Unendlichen zu ringen,
Verfolge deine stolze Bahn –
Du spürst, du rührtest mit den Schwingen
Den ewigen Lauf der Sterne an.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 63.
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