Ludwig Pfau (1821-1894)
Des Harfners Lied.
Beim Sarge stand ich, beim Hochzeitschmaus,
Den Reichen sang ich, den Armen gerne;
Die Lichter erloschen, das Fest war aus –
Und weiter zog ich in die Ferne.
Und jedem sang ich von seinem Leid,
Und Jedem sang ich von seinen Wonnen;
Es jauchzte der Bursche, es weinte die Maid -
Ich habe keine Heimat gewonnen.
Mein Herz ist müde, mein Haubt ist alt,
Vom Scheitel flattert der Kranz der Haare;
Die Welt ist öde, der Wind weht kalt –
Ein Fremdling bin ich, wohin ich fahre.
Blind wird das Auge, der Fuß wird lahm,
Dem Arm wird die Harfe schwerer immer;
Kaum weiß ich noch von wannen ich kam –
Wohin ich fahre, das weiß ich nimmer.
Nach Hause find' ich den Weg nicht mehr,
Die alten Wege, die hab' ich vergessen:
Legt über den Sarg mir die Harfe her –
Sonst hab' ich nichts aus Erden besessen.
Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 157.
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