Ludwig Pfau (1821-1894)

Mädchenlieder.

V.

Was bin ich für ein armes Kind!
Muß still zu Hause bleiben –
Mein Schatz, der darf, als wie der Wind
So frei, durchs Leben treiben.

Doch hurtig eilt er wieder heim,
Wie weit er fortgezogen –
Wie's Immlein nach dem Honigseim
Kommt er nach mir geflogen.

Und wenn sein Herze trauern muß,
Wie jubelt mein Gemüte –
Ich weiß, daß ich mit einem Kuß
Ihm all sein Weh vergüte.

Der König selber käm’ zur Stund
Mit Zepter her und Krone –
Herr König! dir ist's nicht vergunnt
Zu lohnen, wie ich lohne.

Was bin ich reich im armen Haus!
Darf selbst die Münze schlagen –
Ich zähle nicht und theile aus,
Und ist kein End' zu sagen.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 116.
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