Ludwig Pfau (1821-1894)
Volksweisen.
VI.
Wie’s in den Wald schallt, so hallt’s aus dem Wald.
»Dein Schatz läßt dir sagen den höflichsten Gruß,
Und weil er kein Pferd hab’, so geht er zu Fuß;
Und har[r]t an der Straße manch freundliches Haus,
Das wink’ mit dem Arm, und da ruh’ er sich aus.
Und weil sich’s am Schank vorbei langsam marschier’,
So komm er in zehn bis zwölf Jährlein zu dir;
Und wenn dich das Warten derweil nicht verdrieß’,
So woll’ er dich heuern einst im Paradies.«
Ei will der Herr laufen die Kreuz und die Quer,
So komm’ ich zur Hochzeit wohl eher als er.
Im Himmel mich heuern! der hat’s ja nicht Eil’,
Da nehm’ ich ein’n andern auf Erden derweil.
»Dein Schatz läßt dir sagen den zärtlichsten Gruß,
Und ob du lernst kochen und rühren das Mus,
Und ob du zum Bett schon die Wiege bestellt?
Er sei nun gewandert genug durch die Welt.
Und ob auch der Spruch und der Segen bereit?
Er bring’ dir ein Ringlein, ein hochzeitlich Kleid;
Er bring’ dir die Haube, der Jungfrau Begehr,
Dieweil dich das Kränzlein so drück’ und beschwer’.«
Ei giebt’s denn nicht Schreiner und Hobel im Land?
Der Pfarr und der Küster sind auch bei der Hand;
Das Kränzlein, das find’t beim Pantoffel wohl Platz:
So soll er nur kommen, mein herziger Schatz.
Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 133.
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