Ludwig Pfau (1821-1894)

Königshaus.

Wo diese Säulen fallen,
Da stand ein Königshaus;
Jetzt gehn in seinen Hallen
Die Winde ein und aus.

Hier hielt mit frevlem Mute
Den Zepter des Königs Hand
Wie eine goldne Ruthe
Über das weite Land.

Und einsmals auf dem hohen
Thurm hielt der König Wacht,
Da sah er Feuer lohen,
Blutige, durch die Nacht.

Und einsmals im Gemache
Hielt der König Rast,
Da hörte er mit Gekrache
Stürzen den Palast.

Es kam das Volk geschossen
Wie der schwarze Sturm daher,
Es kam das Volk ergossen
Als wie das wilde Meer.

Wie bist du vor dem Volke,
Du stolzer Konig, so klein!
Du bittest die Wetterwolke
Vergebens um Sonnenschein.

Nichts kann dich mehr erretten:
Deine Krone wiegt viel zu schwer,
Du führst zu viele Ketten,
Du mußt versinken im Meer.

Und all die hohen Zinnen
Sind bald der Erde gleich;
Die Rosen drüber spinnen,
Die Sagen über das Reich.

Jetzt gehn in deinen Hallen
Die Winde ein und aus –
So kannst du mir gefallen,
Du stolzes Königshaus!


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 238-239.
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