Ludwig Pfau (1821-1894)

Flüchtlingssonette vom Jahr 1849.

XVII.

Ein Tag wird kommen, der wird euch verbittern
Die Henkerfeste und die Mordgedanken:
Da wird der Boden, wie des Schiffes Planken
Vom Meer geschlagen, rings um euch erzittern.

Der Tag wird kommen, wo die Ketten splittern,
Wo unter euch die goldnen Sessel wanken,
Und über euch die stolzen Giebel schwanken
Wie Wipfel sturmgeschüttelt von Gewittern.

Ein Tag wird kommen, wo die Städte gären,
Und eure Kronen gehn in tausend Scherben,
Und euch die Sense fällt wie taube Ähren.

Dann wird mein Volk ein Vaterland erwerben,
Am Hauch der Freiheit trocknen seine Zähren –
O den Tag möcht ich sehen und dann sterben!

Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 293.
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