Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 4. 5. 1888
Adressat: Paul Lindau


Stuttgart, den 4. Mai 1888
Königstraße 29

Lieber Lindau!

Vor allem muß ich um Entschuldigung bitten, daß ich Ihnen auf Ihre freundlichen Briefe noch nicht geantwortet und für die Zusendung Ihrer beiden Romane noch nicht gedankt habe.  Aber ich war in diesem schlimmen Winter in Folge von hirnerschütternden Hustenanfällen längere Zeit kopfleidend, so daß ich mich zu nichts aufraffen konnte. Nachdem das besser geworden, nahm mich die Herausgabe meiner ästhetischen Schriften, die zeitraubender Vorarbeiten bedurfte, in Anspruch. - Die zwei Bände, die bis jetzt erschienen sind, werden Sie erhalten haben. - Nun ich aber wieder etwas Luft habe, kann ich nicht umhin, meine Unterlassungssünde wieder gut zu machen.

Was vor allem die versprochene Arbeit von Wilhelm Vollmer betrifft, so verzögerte seine Krankheit die letzte noch daran vorzunehmende Durchsicht, und sein Tod verursachte ein Durcheinander, bei welchem das Manuscript sogar sich vergraben hatte. Man ist aber gegenwärtig mit dem Ausgraben desselben beschäftigt, und ich werde es Ihnen in kurzer Frist schicken, denn es wäre doch schade, wenn diese Hinterlassenschaft aus unserer großen Literaturperiode ((auf immer?)) verschwände.

Was Ihre Angelegenheit mit (( Speidel)) betrifft, so kenne ich denselben allerdings schon als Landsmann, bin aber seit 1873 außer jeder Berührung mit ihm, so daß ein plötzliches Einspringen meinerseits sich sonderbar ausgenommen hätte. Dagegen hat er einen Bruder in Stuttgart, der Musiker und Professor am Konservatorium ist, und dem habe ich Ihre Mahnung zur Beförderung übergeben - nätürlich ohne Ihres Auftrags zu erwähnen. Im übrigen könnte ich, falls in dieser Beziehung noch ein Bedürfniß besteht, die Mutter oder den Sohn von Moritz Hartmann hinter ihn schicken, welche dieses Frühjahr wieder nach Wien übersiedeln.

Ihre beiden Bücher haben mich ebensosehr gefreut als interessiert, wenn ich auch mit dem Talent des Schriftstellers und der Geschicklichkeit der Darstellung vollständiger einverstanden war, als - namentlich was die zweite Erzählung betrifft - mit dem Plan der Komposition. Wenn ich persönlich mit Ihnen verkehren könnte, hätte es mir Vergnügen gemacht, über Einzelnes meine Ansicht mit Ihnen auszutauschen. Zu einer öffentlichen Besprechung fehlt mir gegenwärtig jede Gelegenheit, da ich, seit ich mit der "Frankf.Ztg." brach, keine publizistischen Verbindungen mehr angeknüpft, und seit dem "Zola" in "Süd und Nord" in keine Zeitschrift mehr geschrieben habe.

Übrigens bin ich nicht abgeneigt, über die große Münchener Ausstellung eine Arbeit zu machen, und falls Ihnen mit einer solchen gedient wäre, und die Bedingungen der Art sind, daß sich ein längerer Aufenthalt in München verlohnt, so lassen Sie michs in möglichster Bälde wissen, weil ich eine Anfrage in dieser Richtung zu beantworten habe, und das bis zu Ihrer Antwort verschieben möchte.

Inzwischen in alter Freundschaft
                            Ihr
                                 L.Pfau


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Sign.: A: Lindau, Nr. 59.753a
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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